Gedenken zur Prognomnacht

Am Abend des 9. November 2019 nahmen mehrere Schülerinnen des Gymnasiums Albertinum aus der 9. und 11. Klasse am offiziellen Gedenken zur Pogromnacht 1938 in der Stadt Coburg teil. Die Veranstaltung wurde musikalisch umrahmt von Cora Heikenwälder und Lorena Hemmerich aus der Q 11. Der Gedenkweg, den Herr Oberbürgermeister Norbert Tessmer mit einer kurzen Ansprache am Marktplatz eröffnete und den über hundert Menschen mit Kerzen still begleiteten, führte in diesem Jahr zu mehreren Stationen in der Innenstadt, an denen Coburger jüdischen Glaubens und andere Gegner der Nationalsozialisten von diesen drangsaliert und gedemütigt worden sind.
Die einzelnen Stationen des Gedenkweges waren nach dem Marktplatz der Standort der sog. „Prügelstube“ in der Rosengasse, das ehemalige Ladengeschäft der Schinkenfabrik Grossmann & Kisch AG, die Lutherschule sowie das Gymnasium Casimirianum. Die beiden letzten Stationen waren der Standort der Druckerei Dornheim und der Hof der Ehrenburg. Alle Stationen sind historische Stätten nationalsozialistischer Gewalt gegen Juden und Andersdenkende durch Diskriminierung, Entrechtung, Verfolgung und Enteignung oder Anwendung direkter, körperlicher Gewalt und sollten als solche an jenem Abend wieder mahnend in Erinnerung gerufen werden.
An jedem Gedenkort fand eine kleine Ansprache durch ein Mitglied des Arbeitskreises „Lebendige Erinnerungskultur“ statt, die das historische Geschehen zum Inhalt hatte. Hervorgehoben werden sollen hier in diesem Zusammenhang (vgl. dazu auch die Bilderleiste) die Prügelstube der NS-Schergen in der Rosengasse als Ort massiver und brutaler Folter und der Dachboden der Lutherschule als Ort materieller Entrechtung, auf dem bis zur Renovierung der Schule in den 1980er Jahren Möbel und Hausrat staatlich beraubter und nach der Verschleppung ermordeter jüdischer Mitbürger deponiert waren. Im Zuge des Umbaus und wohl aus Unkenntnis sind diese Möbel entsorgt wurden. Die letzte Station des Gedenkweges galt dem letzten Coburger Herzogspaar, das sich vor allem in Person der Herzogin durch persönliche antisemitische Einstellung hervorgetan hatte.
Nicht nur für die Schülerinnen des Albertinums wurde durch die Teilnahme am Gedenktag der nächtlichen reichsweiten Pogrome 1938 ein Stück Vergangenheit anschaulich dem Vergessen entrissen und in der eigenen Stadt lokalisiert, entsprechend des Apells des früheren Bundespräsidenten: „Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.“

OStRin Heilgenthal-Habel

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