Kreative Gestaltung rund um Erich Kästners „Sachliche Romanze“

Nach zahlreichen Übungsaufsätzen und der Schulaufgabe in 12/1 sollten die SchülerInnen des Q12-Kurses im Dezember 2021 einmal ein bisschen kreativ tätig werden. Im Sinne eines „handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterrichts“, der in der Oberstufe aus Zeitgründen oft kaum Raum findet, wurde der Q12-Gruppe ohne große Zusatzinfos Erich Kästners Gedicht „Sachliche Romanze“ vorgelegt. Das aus dem Jahr 1928 stammende Werk gilt als prototypisch für die so genannte „Neue Sachlichkeit“, die die Literatur der Weimarer Republik auszeichnet. Als Gegenbewegung zu der extrem emotionalen, subjektiven und drastischen Schreibweise des Expressionismus wandten sich viele Autoren in dieser Zeit auf bewusst nüchterne, distanziert-kritische Weise den Themen des alltäglichen Lebens (hier bei Kästner: einer „abhanden“ gekommenen Liebe) zu.

Was die SchülerInnen des Deutsch-Kurses in Auseinandersetzung mit Kästners Text alles einfiel, übertraf meine Erwartungen und zeigt: Manchmal muss man sich die Zeit zum kreativen Umgang mit Literatur – auch in der Oberstufe – einfach nehmen. Sehen Sie selbst:

Ute Landgraf

Paartherapie

Begrüßung schon vorausgegangen

Therapeut:        Bitte beschreiben Sie – jeder aus seiner Sicht – warum Sie heute hier sind.

Was belastet Sie in ihrer aktuellen Situation?

Frau:                Mein Mann und ich sind jetzt schon 8 Jahre lang verheiratet. Besonders die Anfangszeit unserer Ehe war die schönste Zeit meines Lebens. Doch in den vergangenen Jahren fühlt sich unsere Beziehung für mich so leer und trostlos an. Unser Tagesablauf ist immer der gleiche, es gibt keine Abwechslung, keine Abenteuer – einfach jeden Tag aufs Neue nur traurige Eintönigkeit.
Ich habe Angst, dass unsere Ehe langsam aber sicher zerbricht und sich auch unsere Gefühle zueinander immer mehr verlieren. Ich möchte wieder das Gefühl der Aufregung, der Geborgenheit und Vollkommenheit erleben, das ich einst gefühlt habe, wenn wir zusammen waren. Doch im Moment fühle ich… nichts.

Mann:              Ich denke auch, dass unsere Beziehung nicht mehr so wie früher ist… Wir reden deutlich weniger und wenn, dann vor allem über belanglose, alltägliche Themen. Unsere anfängliche Leidenschaft ist schon lange verflogen.

Therapeut:        Was ich verstanden habe, ist also, dass Sie schon über lange Zeit eine Ehe führen. Sie beide bedrückt nun jedoch, dass sich Ihr Verhältnis und Ihre Verbindung zueinander in der letzter Zeit ins Negative gewandelt hat und Sie sich mehr und mehr im Alltag verloren haben. Und nun fürchten Sie daher, dass ein Scheitern ihrer Beziehung bevorsteht. Habe ich Ihre Aussagen richtig aufgefasst?

Frau:                Ja, das spiegelt unsere Situation gut wider.

Mann:              nickt

Therapeut:        Okay, seit wann empfinden Sie diese Leere in Ihrer Partnerschaft? Hat es erst vor einigen Monaten begonnen oder streckt es sich schon über mehrere Jahre?

Frau:                Ich weiß nicht, wie es meinem Mann ergeht, aber mich bedrückt dieses Gefühl seit etwa einem halben Jahr.

Mann:              Auch ich habe diese Veränderung vor etwa sechs Monaten wirklich wahrgenommen und seitdem hält sie fortwährend an.

Therapeut:        Haben Sie sich schon über ihre Gefühle und Sorgen ausgetauscht und versucht, gemeinsam eine Lösung zu finden und daran zu arbeiten?

Frau:                Ein richtig ausführliches Gespräch haben wir nicht geführt, aber ich denke, wir haben beide gemerkt, dass es so nicht weiter gehen kann. Daher haben wir auch gemeinsam entschieden, hierher zu kommen. Denn wir haben unseren Alltag nicht mehr miteinander, sondern nebeneinander gelebt. Ich fühle mich zunehmend allein gelassen. An einem Tag war ich beispielsweise besonders verzweifelt und hätte dringend eine Umarmung gebraucht. Ich habe mich in meiner Hilflosigkeit verloren und war mit meinen Nerven am Ende. Und obwohl mein Mann neben mir stand, war er doch nicht bei mir.

Mann:              Es tut mir leid, dass du so empfindest und ich dir in diesem Moment keinen Trost gespendet habe. Ich war mit der Situation überfordert und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, weil ich nichts falsch machen wollte. Ich habe Angst, dass ich durch mein Handeln unsere Beziehung gefährde. Es tut mir Leid, dass mein Nichtstun nicht die richtige Reaktion war und ich damit deine Gefühle so verletzt habe.

Therapeut:        Das war ein guter Anfang. Nehmen Sie sich auch zu Hause Zeit, in Ruhe über ihre Ängste und Empfindungen zu sprechen und einander zuzuhören.  Versuchen Sie sich vor unserer nächsten Sitzung, darüber klar zu werden, wie viel Sie noch füreinander empfinden und ob Sie für Ihre Ehe eine glückliche Zukunft sehen können.

(Text: Amelie Aust, Emily Jung)