Gedenken an das jüdische Internat von Herrmann Hirsch
Anlässlich des 80-jährigen Jahrestages der ersten Deportation jüdischer Coburger am 27.11.1941 durften Carolina Häussler, Christin Vichtl, Anna Baumgärtner und ich die Gedenkveranstaltung am 25.11.2021, die Coburgs jüdischen Internat von Hermann Hirsch gewidmet war und vom Arbeitskreis „Lebendige Erinnerungskultur Coburg“ ausgerichtet wurde, mitgestalten.
Hierfür haben wir uns im Vorfeld über die jüdische Schule, das Schicksal des Schulleiters sowie einzelner Lehrkräfte und Schüler informiert. Unterstützend zur Recherche hatten wir von Frau Schuller eine Sammlung ausgewählter Biografien von Schülern und Lehrkräften erhalten. Außerdem standen uns Frau Heilgenthal-Habel und unsere Geschichtslehrerin, Frau Beinrott, bei Fragen zur Seite.
Nach unserem Part mit der Power-Point-Präsentation richteten einige Mitglieder des Arbeitskreises „Lebendige Erinnerungskultur Coburg“, darunter Pfarrer Dieter Stößlein und Dr. Hubertus Habel, Worte an die Zuhörenden. Im Anschluss wurden die Namen der deportierten jüdischen Bürgerinnen und Bürger vorgelesen. Abgeschlossen wurde die Gedenkveranstaltung zur Deportation der Coburger Juden mit der Einspielung des gesungenen jüdischen Gebetes „Kaddisch“. Als der offizielle Teil beendet war, entspann sich noch eine Unterhaltung der Teilnehmenden über den Verbleib des Schulgebäudes des ehemaligen jüdischen Internates in der Hohen Straße. Diese Gebäude wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges an die Töchter der Familie Hirsch zurückgegeben, die es weiterverkauften. Mittlerweile ist das ehemalige Internatsgebäude eine renovierte Villa, die als Wohnhaus dient. Vor kurzem wurden vor dem Eingang „Stolpersteine“ verlegt.
Das Internat war als eine der angesehensten jüdischen Bildungsstätten im Deutschen Reich etabliert. Anfangs war es eine Privatschule ausschließlich für Jungen, deren Familien die finanziellen Möglichkeiten hatten, ihren Kindern diese Art der gehobenen Schulbildung zu ermöglichen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten diente das Schulhaus als Zentrum allen jüdischen Lebens in Coburg und war die einzige Schule, die jüdische Kinder besuchen durften. Schulleiter Hermann Hirsch bereitete zu diesem Zeitpunkt seine Schülerinnen und Schüler auf eine spätere Emigration nach Palästina vor. Hirsch hatte früh erkannt, dass Juden im Dritten Reich keine Zukunft haben würden.
Einem großen Teil der Schülerschaft gelang es auch, Deutschland zu verlassen, die Mehrheit emigrierte nach Palästina, andere wanderten z. B. nach Großbritannien aus. Ein ebenso großer Teil wurde verschleppt und ermordet. Auch Teile des Kollegiums erlitten ein schweres Schicksal. Lehrer Rudolf Kaufmann, der „Halbjude“ und evangelisch getauft war, wurde wegen sogenannter „Rassenschande“ mit einer nichtjüdischen Frau zu über drei Jahren Zuchthaus und Zwangsarbeit verurteilt. Zwei Jahre später wurde er von einem deutschen Soldaten in Litauen, wohin er nach seiner Haft geflohen war, auf offener Straße erschossen.
Schulleiter Hirsch wurde verhaftet und musste massive Folterungen erleiden, an deren physischen und psychischen Folgen er nach der Emigration seiner Familie nach Palästina verstarb.
Wir waren erstaunt, dass eine so wichtige und angesehene jüdische Schule in Coburg existierte und finden es wichtig, egal in welcher Generation, sich mit der Geschichte Coburgs zu Zeiten des Nationalsozialismus auseinander zu setzen und vor allem der Menschen und ihrer oft grausam erlittenen Schicksale zu gedenken.
Maria Dietel 9a