Mathematik als Unterrichtsfach am musischen Gymnasium

Mathematik – das ist eine Welt für sich. Es ist eine ganz eigene, für viele fremde, ferne Welt. Eine Welt voller Merkwürdigkeiten, Rätsel, Mysterien. Mathematik kann verunsichern. Gleichzeitig ruft sie bei aufgeweckten Zeitgenossen Erkenntnis und Erstaunen, nicht selten Faszination hervor. Bewundert werden Eleganz und Reinheit ihrer Sprache. Kluger Geist vermag sich in ihren Sphären frei zu entfalten. Kein Wunder also, dass mathematische Themen die Menschen seit Jahrtausenden faszinieren.

Mathematik ist integraler Bestandteil unserer Geisteskultur, nicht mehr und nicht weniger als Musik und Kunst es selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen dürfen. Mathematik steht unabhängig von der Frage ihres Nutzens als ein Kulturgut für sich. In diesem Sinne wollen wir am Gymnasium Albertinum auch das Unterrichtsfach Mathematik verstanden wissen. Mathematik wird mit ihren Theorien und Methoden, Strukturen und Modellen vermittelt, um den Schülern den Zugang zu einer besonderen Sicht auf und die Erfahrung von Welt zu eröffnen. Genau wie beim Üben eines Musikinstruments geht es bei uns im Mathematikunterricht Schritt für Schritt um den Erwerb von Fähigkeiten, quasi um das Handwerkzeug, das nötig ist, um die Tür zur Welt der Mathematik öffnen zu können. Mathematik passt auf diese Weise – wie wir finden – ganz hervorragend zu einem musischen Gymnasium.

Diejenigen die sich mit mathematischen Fragen und Problemen intensiv beschäftigen, erfahren dabei eine ganz eigene Schule des Denkens. Gefördert und geschult werden vor allem das exakte, analytische Denken, eine stringente Gedankenführung und das Ziehen logischer Schlüsse. Daneben kommt es aber auf mathematische Phantasie und Beweglichkeit genauso an wie auf Offenheit für unterschiedliche Problemstellungen und Betrachtungsweisen. Mathematik ist ein gutes Betätigungsfeld für Kreative – ohne Kreativität ist keine innovative Lösung eines mathematischen Problems denkbar. Stets gefragt sind die gute Idee, eine neue Perspektive oder der durchdachte Lösungsansatz. Dabei muss es nicht immer gleich der große Wurf sein. Fortschritt in der Mathematik lebt von der Vielzahl kleiner Beiträge, die sich dank klarer Strukturen aufeinander beziehen und verbinden lassen.

Qualifizierter Mathematikunterricht am Gymnasium leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Persönlichkeitsbildung. Kaum ein anderes Unterrichtsfach fordert den Schülern ein derart hohes Maß an Konzentration, Ausdauer, Disziplin und Durchhaltewillen ab. Die unser Fach in besonderer Weise kennzeichnende Anforderung, bei sich abzeichnenden Schwierigkeiten eben nicht gleich aufzugeben, stattdessen beharrlich nach einer geeigneten Vorgehensweise, einer zielführenden Strategie zu suchen, um vielleicht auch nur einem Teilerfolg zu erzielen, fördert und festigt wichtige Persönlichkeits- und Charaktereigenschaften, wie wir sie von Menschen, die in unserer Gesellschaft künftig Verantwortung übernehmen sollen, wünschen und einfordern müssen. Demokratisch verfasste Gesellschaften sind auf mündige Bürger angewiesen. Mathematik schult in besonderer Weise die Fähigkeit zu eigenständiger, klarer Bewertung und Urteilsbildung. Nicht zuletzt gehören Klarheit und Eigenständigkeit im Denken wie auch ein sicheres Urteilsvermögen zu den zentralen Voraussetzungen für persönliche Selbständigkeit, für geistige Unabhängigkeit und letztlich das gefestigte Selbstbewusstsein eines umfassend gebildeten Menschen.

Mathematik versteht sich als Idealwissenschaft. Hinsichtlich ihrer Anforderungen an Wissenschaftlichkeit, Exaktheit und logische Stringenz realisiert sie in vielen Fällen das Maximum dessen, was überhaupt denkbar erscheint. Andere Wissenschaftsdisziplinen richten sich an diesem Ideal der „reinen“ Mathematik aus und unternehmen große Anstrengungen, sich ihrem Anspruch so gut es eben geht anzunähern. Insoweit werden von der Mathematik allgemein verbindliche Standards und Normen gesetzt, die in der scientific community heute weithin akzeptiert sind. Gleichzeitig erhebt sich die Mathematik nicht über andere Fächer: Im Fächerkanon der Wissenschaftsdisziplinen übernimmt sie so bereitwillig wie selbstverständlich die Rolle einer Hilfswissenschaft, die anderen Fächern ihre Modelle, Methoden und Erkenntnisse für deren Belange zur Verfügung stellt. Dies nutzen klassischerweise vor allem die naturwissenschaftlichen Disziplinen wie etwa Physik, Biologie oder Medizin, natürlich die Wirtschaftswissenschaften, aber in zunehmendem Maße auch Geistes- und Sozialwissenschaften wie Soziologie, Philosophie oder auch die Psychologie. Dass es auch musikalische Themen und Fragestellungen gibt, die sich mathematisch beschreiben lassen, sei hier nur am Rande erwähnt. Zugleich Ideal- und Hilfswissenschaft zu sein, in dieser „Doppelrolle“ der Mathematik ist der Gedanke der interdisziplinären Zusammenarbeit im Kern angelegt.

Erfahrung von Welt, Schule des Denkens, Persönlichkeitsbildung und Interdisziplinarität: Nimmt man bei der Betrachtung des Faches diese etwas übergreifende, umfassendere Perspektive ein, so findet Mathematik ohne Probleme ihren Platz als zentrales Unterrichtsfach am musischen Gymnasium. Unser Ziel am Albertinum ist es, diesen umfassenden Blick zum Leitbild unseres didaktischen und pädagogischen Alltagshandelns werden zu lassen. Wir wollen, dass die Schüler im Unterrichtsalltag erleben können, dass die Auseinandersetzung mit Mathematik per se Freude macht und es in vielerlei Hinsicht nützlich ist, sich mit ihr zu beschäftigen.

AlbertFit – Mathematik

Der Übergang von der Grundschule an das Gymnasium wird  von vielen gefürchtet, gerade im Fach Mathematik. Wir wollen diesen Übergang begleiten: Stress soll bei Eltern und Kindern reduziert werden. Gleichzeitig wollen wir frühzeitig klar machen, was die Grundlagen eines erfolgreichen Besuchs der fünften Klasse im Fach Mathematik sind. Falls nach der langen, hoffentlich erholsamen  Zeit zwischen Übertrittszeugnis und Schuljahresbeginn Einiges in Vergessenheit geraten ist, unterstützen wir die Schüler, dieses Wissen wieder zu aktivieren. Sollten sich tatsächlich Defizite nicht so leicht beheben lassen, ist gleich am Anfang des Schuljahres klar, dass diese Inhalte (z.B. das Einmaleins) aktiv nachgelernt werden müssen – und so kann schon die erste Schulaufgabe ein Erfolg werden.

„AlbertFit“ hat also zum Ziel, für alle Schüler unserer 5. Klassen vergleichbare und faire Erfolgschancen beim Start am Gymnasium zu gewährleisten. Der Erfolg am Albertinum kann und darf nach individuellen Begabungsvoraussetzungen und Lernbereitschaft variieren, sollte aber nicht durch die in der Grundschulzeit erworbene oder nicht erworbene Vorbildung beeinträchtigt werden. Es geht uns um mehr Bildungsgerechtigkeit.

„AlbertFit“ wird in den ersten zwei Unterrichtswochen der fünften Klasse in der Form eines Propädeutikums durchgeführt. Dazu wird der Stundenplan der 5.Klassen in dieser Zeit entsprechend angepasst.  Im Fach Mathematik umfasst „AlbertFit“ jeweils 10 Doppelstunden. Inhaltlich orientieren wir uns an den Basics, die jeder Schüler zu Beginn der fünften Klasse beherrschen sollte.

das Einmaleins (ausgehend vom Reihen auswendig lernen; nachfolgend automatisieren)
die Teilbarkeitsregeln (finden, begründen, lernen, anwenden)
die vier Grundrechenarten (Rechenfertigkeit mit hinreichend großen Zahlen, flüssig, schriftlich, einschließlich Division mit zweistelligen Divisor)
leichte Sachaufgaben mit vorgegebener Fragestellung
Warum ein Flexijahr?

Das Gymnasium Albertinum besuchen Kinder mit einem außerordentlich breit gefächerten Begabungsspektrum. Die Integration musischer und künstlerischer Kreativität mit sprachlichem, natur- und geisteswissenschaftlichem Können sehen wir als besondere Herausforderung an, der wir mit einer konsequent vom einzelnen Kind her gedachten, individuell abgestimmten pädagogischen Gesamtkonzeption begegnen. Stets steht die ganze Schülerpersönlichkeit im Blickfeld: Niemand soll sich allein gelassen fühlen, wenn er in einzelnen Fächern oder einer bestimmten Phase seiner Entwicklung Probleme hat. Deshalb haben wir die vom Kultusministerium im Frühjahr 2013 geschaffene Möglichkeit, ein „Flexibilisierungsjahr“ als individuelle Lernzeit einzuführen, ausdrücklich begrüßt. Ebenso sahen wir es als große Chance, dass die Ausgestaltung der „Individuellen Lernzeit“ dem einzelnen Gymnasium oblag, auch wenn dafür nur ein sehr enger zeitlicher Rahmen vorgegeben war.

Was heißt Flexijahr?

Konkret sieht das Flexibilisierungsjahr am Albertinum so aus, dass die 8. oder 9. Klasse freiwillig wiederholt werden kann, ohne dass dies auf die Gesamtausbildungsdauer angerechnet wird. Die Stundentafel der zu wiederholenden Jahrgangsstufe wird um 6 Wochenstunden zu Gunsten der Kernfächer Mathematik, Latein und ggf. Englisch gekürzt, wobei – je nach stundenplantechnischer Voraussetzung – Fächer gekürzt werden, deren Streichung für den Lernaufwand der Schüler eine Entlastung darstellen, also etwa Geschichte, Religion oder Biologie. Nicht gekürzt werden sollen Fächer, die einen Ausgleich für die kognitive Belastung der Schüler darstellen, also etwa Kunst oder Sport.

In den zusätzlichen Flexistunden erhalten die Teilnehmer individuelle pädagogische Förderung in Kleingruppen, in denen neben der Vermittlung von allgemeinen Techniken des Wissenserwerbs z.B. auch an der Verbesserung der Konzentrationsleistung oder am besseren Umgang mit Stress- und Prüfungssituationen gearbeitet wird. Auf fachlicher Ebene ist es das Ziel, ausgehend von den Ressourcen der Schüler Schwerpunkte zu setzen und grobe Wissenslücken zu schließen, um damit eine ausreichende Grundlage für den Erfolg in der Oberstufe zu schaffen.

Mathematik im Flexijahr

In je zwei Stunde pro Woche wird der gesamte bisherige Unterrichtsstoff in Mathematik wiederholt. Die Schüler erarbeiten sich in Abschnitten von jeweils fünf bis acht Wochen die Inhalte der einzelnen  Jahrgangsstufe (also 5 bis 8 bzw. 5 bis 9), lösen jede Woche ihren Mathe-Zettel, der passende Aufgaben zum jeweiligen Unterrichtsstoff beinhaltet, besprechen diese Aufgaben nach und kontrollieren so, ob sie die Inhalte nicht nur verstanden haben, sondern auch umsetzen können. Der Stoff einer Jahrgangsstufe wird mit einer Flexischulaufgabe abgeschlossen, die einerseits zwar in keine echte Notengebung einfließt, andererseits den Schülern aber eine Rückmeldung über ihren Leistungsstand gibt – sie wird von unseren Schülern sehr ernstgenommen.

Begleitend zu den mathematischen Inhalten ergibt sich in den Flexistunden in besonderer Weise die Möglichkeit, pädagogische Themen aufzuarbeiten. So kann etwa der Umgang mit Prüfungssituationen (Angstbewältigung, Zeitmanagement, etc.) individuell bearbeitet werden, Impulse zur Organisation der häuslichen Arbeit können das Arbeitsverhalten der Schüler insgesamt verbessern.

Welche Erfahrungen gibt es mit dem Flexijahr?

Die Erfahrungen, die uns am Albertinum zum Flexibilisierungsjahr bislang vorliegen, sind durchweg positiv. Unsere Schüler, und das ist für uns das zentrale Kriterium, erleben in erster Linie das individuelle Lernen in Kleingruppen als nachgerade unbezahlbares Privileg. Sie erfahren dort Zuwendung und Stärkung ihrer Kompetenzen – Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl werden gefestigt. Der Erfolg des Flexijahres hängt allerdings – wie überhaupt der Erfolg am Gymnasium –  unmittelbar an der Bereitschaft der Schüler zu arbeiten und sich anzustrengen. Wir beobachten allerdings, dass das Flexijahr eine gute Maßnahme ist, damit Schüler (nach)reifen, ihre Eigenverantwortung begreifen und Erfolg erleben.

Unser Förderkonzept in der Fachschaft Mathematik

Mathematik ist für alle Schüler an bayerischen Gymnasien obligatorisch. Dies gilt bei unverändert hohen fachlichen Anforderungen und stellt für Schüler wie Lehrer eine nicht eben geringe Herausforderung dar. Die Fachschaft Mathematik am Gymnasium Albertinum hat diese Herausforderung für sich angenommen. Es ist unser Ziel, alle Schüler in die Lage zu versetzen, das Mathe-Abitur erfolgreich zu bestehen. Diesem Ziel dient ein ganzes Bündel begleitender didaktischer wie auch organisatorischer Maßnahmen.

Auf didaktischer Ebene wird bei uns beispielsweise verstärkt darauf geachtet, dass mathematisch korrektes Arbeiten im Unterricht von der 5. Klasse an von allen Schülern eingefordert, von der Lehrkraft zur Vorbildwirkung selbst gelebt und schließlich anhand anwendungsorientierter Beispiele nachhaltig trainiert wird. Wir legen großen Wert auf mathematisch präzisen Sprachgebrauch im Unterricht, das gilt für die Verwendung eindeutig formulierter Begrifflichkeiten ebenso wie das Einüben der Fähigkeit zur stringenten, widerspruchsfreien mathematischen Argumentation. Ein besonderes Augenmerk legt die Fachschaft Mathematik auf die kontinuierliche Grundwissenssicherung, einer Präventionsmaßnahme, die dabei hilft, dass größere Lücken gar nicht erst entstehen können.

Auf organisatorischer Ebene werden für das Fach Mathematik für alle Jahrgangstufen einschließlich der Oberstufe Intensivierungsstunden angeboten, in denen erworbenes Wissen gefestigt und vertieft werden kann. Der Unterricht im Fach Mathematik ist bei uns grundsätzlich darauf ausgerichtet, selbständiges Lernen zu Hause so gut es geht zu unterstützen. Sinn und Zweck aller Unterstützungsmaßnahmen ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Es geht uns in diesem Sinne um die Stärkung der Arbeits- und Leistungsmotivation, die Fähigkeit zur Selbstorganisation und um die Autonomie der Schülerpersönlichkeit.

Schulbücher

Lambacher-Schweizer, Mathematik an Gymnasien, Ausgabe Bayern, Schülerbuch

5. Schuljahr, 978-3-12-733051-9, z.Zt. 26,75€
6. Schuljahr, 978-3-12-733061-8, z.Zt. 26,75€
7. Schuljahr, 978-3-12-733071-7, z.Zt. 26,75€
8. Schuljahr, 978-3-12-731660-5, z.Zt. 26,95€
9. Schuljahr, 978-3-12-731760-2, z.Zt. 26,95€
10. Schuljahr, 978-3-12-731960-6, z.Zt. 26,95€
11. Schuljahr, 978-3-12-732760-1, z.Zt. 27,25€
12. Schuljahr, 978-3-12-732860-8, z.Zt. 27,25€

Passend zur Schulbuchreihe gibt es Arbeitsheft (ggf. mit Lernsoftware) und weitere Lernhilfen.

StDin Stephanie Kruppa-Thurisch

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